Empfehlung zur Medienberichterstattung über Wahlkämpfe
Ethikkodex : Art. 1, 3, 9, 11 & 13
Empfehlung des RBJ vom 16. November 2011, geändert am 16. Januar 2019 und am 7. Juli 2023
Art. 1 Aufgrund des Rechts der Öffentlichkeit auf Wahrheit, sind zur Veröffentlichung bestimmte Informationen durch Recherche auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu und ehrlich wiederzugeben. Die Journalisten nennen im Rahmen des Möglichen und des Sachdienlichen ihre Quellen, insofern der Schutz der Anonymität der Quelle sich nicht aufdrängt (siehe auch Artikel 21)
Art. 3 Journalisten entstellen keine Informationen, Texte, Bilder, Ton oder sonstiges und unterschlagen keine wesentlichen Elemente. Bei der schriftlichen Übertragung von Interviews respektieren sie den Sinn und den Zusammenhang der Äußerungen.
Art. 9 Die Journalisten verteidigen die Freiheit der Recherche, der Information, des kommentars, der Meinung, der Kritik, der Laune, der Satire und der redaktionellen Ausrichtung (unter anderem die Wahl der Ansprechpartner). Diese Freiheit führen sie verantwortungsvoll aus.
Art. 11 Journalisten wahren ihre Unabhängigkeit und lehnen jede Einflussnahme ab. Anweisungen nehmen sie nur von ihren Redaktionsvorgesetzten an. Sie lehnen jegliche Anordnungen ab, die gegen berufsethische Regeln verstoßen. Sie brauchen auch keine Anordnungen anzunehmen, die gegen die redaktionelle Ausrichtung des Mediums verstoßen, das sie beschäftigt. Journalisten dürfen weder Vorteile fordern noch annehmen, die in irgendeiner Weise ihre Unabhängigkeit einschränken könnten.
Art. 13 Journalisten beteiligen sich nicht an Werbetätigkeiten oder nicht journalistischer Kommunikation. Die Redaktionen sorgen für eine klare Trennung zwischen Werbung und journalistischer Information. Die Nennung von Marken, Unternehmen, Persönlichkeiten, Events, Institutionen … erfolgt ausschließlich nach journalistischen Kriterien. Die Berichterstattung über Veranstaltungen, die ihr Medium unterstützt, erfolgt unter den gleichen berufsethischen Standpunkten wie jede andere Berichterstattung über jedwede Veranstaltung.
Im Jahr 2011, zwei Jahre nach seiner Gründung, wurde der Rat für Berufsethos der Journalisten, kurz RBJ (CDJ), aufgefordert, eine Stellungnahme zu den ethischen Aspekten der Berichterstattung über Wahlkämpfe in den Medien abzugeben. Im Anschluss an mehrere Wahlkämpfe, die Veröffentlichung des Kodex journalistischer Berufsethik (2013) und mehrere Rechtsprechungen sowie vor dem Hintergrund einer sich weiterentwickelnden Medienlandschaft (alternative Medien, Fake News, soziale Netzwerke, Informationsflut) und der politischen Lage (zunehmender Extremismus) hat sich der RBJ aus Gründen der Klarheit entschieden, diese in eine „Empfehlung“ umbenannte Stellungnahme zu überarbeiten und zu vervollständigen.
Unter Bezugnahme auf den Kodex journalistischer Berufsethik, dessen Anwendung diese Empfehlung im spezifischen Fall von Wahlkämpfen präzisiert, verweist sie auf das Fundament der Unabhängigkeit von Information und Journalismus: In einem demokratischen System, das die Pressefreiheit garantiert, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass alle redaktionellen Entscheidungen in die Zuständigkeit der Redaktionen fallen, die unabhängig und unbeeinflusst entscheiden können müssen, indem sie diese Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit übernehmen.
Die Empfehlung, die 2023 leicht angepasst wurde, insbesondere um die Verbreitung von Umfragen mit einzubeziehen, besteht aus einer Präambel und sechs zusammenhängenden und untrennbar miteinander verbundenen Grundsätzen. Sie betrifft somit die Gesamtheit der journalistischen Berichterstattung, die von der Redaktion während des Wahlkampfes organisiert und präsentiert wird, sei es für bestimmte Produktionen oder die normale Berichterstattung. Die verschiedenen Formen der Wahlwerbung, an denen Journalisten nicht beteiligt sind, sind davon ausgenommen, außer wenn sich die Frage einer möglichen Verwechslung mit Informationsinhalten stellt. Der RBJ hat die vorliegende Publikation durch eine Reihe von Präzisierungen zur Umsetzung der sechs Grundsätze der Empfehlung ergänzt.
Dieses Dokument fällt in den Zuständigkeitsbereich des RBJ, d. h. die journalistische Ethik in allen Medien, unbeschadet der nur für audiovisuelle Medien geltenden Vorschriften oder der spezifischen Vorschriften für öffentliche audiovisuelle Dienste. Wenngleich diese Empfehlung hauptsächlich die Berichterstattung über Wahlkampagnen betrifft, findet sie – aufgrund der berufsethischen Grundsätze, auf denen sie basiert – darüber hinausgehend auch in der normalen und politischen Berichterstattung Anwendung.