Skip to main content

Empfehlung zur journalistischen Behandlung von geschlechtsspezifischer Gewalt

Ethikkodex : Art. 1, 3, 4, 8, 9, 21, 24, 25, 26, 27 und 28
Empfehlung des RBJ vom 9. Juni 2021

Präambel: Journalisten haben eine soziale Verantwortung, die mit der Pressefreiheit einhergeht.

Art. 1 Aufgrund des Rechts der Öffentlichkeit auf Wahrheit, sind zur Veröffentlichung bestimmte Informationen durch Recherche auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu und ehrlich wiederzugeben.

Art. 3 Journalisten entstellen keine Informationen, Texte, Bilder, Ton oder sonstiges und unterschlagen keine wesentlichen Elemente. Bei der schriftlichen Übertragung von Interviews respektieren sie den Sinn und den Zusammenhang der Äußerungen.

Art. 4 Die Dringlichkeit entbindet die Journalisten weder ihrer Pflicht, ihre Quellen anzugeben und/oder diese zu überprüfen noch einer seriösen Recherche. Sie lassen bei der Informationsverbreitung die größte Vorsicht walten und verpflichten sich der Genauigkeit

Art. 8 Jede Form von „Inszenierung“ soll dazu dienen, Informationen besser verständlich zu machen.

Art. 9 Die Journalisten verteidigen die Freiheit der Recherche, der Information, des kommentars, der Meinung, der Kritik, der Laune, der Satire und der redaktionellen Ausrichtung (unter anderem die Wahl der Ansprechpartner). Diese Freiheit führen sie verantwortungsvoll aus.

Art. 21 Journalisten halten die Identität ihrer Informanten, denen sie Vertraulichkeit zugesichert haben, geheim. Dies gilt auch, wenn Journalisten davon ausgehen können, dass die Informationen ihnen nur unter Wahrung der Anonymität gegeben wurden oder wenn sie befürchten, ihre Informanten in Gefahr zu bringen. Dann geben die Journalisten keine Hinweise weiter, die ihre Quelle identifizierbar machen könnte. (siehe auch Artikel 1)

Art. 24 Journalisten berücksichtigen die Rechte jeder explizit oder implizit in einer Information erwähnten Person. Diese Rechte wägen sie mit dem allgemeinen Interesse ab, das mit der Information einhergeht. Das Recht am eigenen Bild gilt auch für Bilder, die im Netz zugänglich sind.

Art. 25 Journalisten respektieren das Privatleben der Personen und geben keine persönliche Angabe preis, die nicht von allgemeinem Interesse ist.

Art. 26 Journalisten sehen davon ab, in das Leid von Personen einzugreifen sowie Informationen und Bilder zu veröffentlichen, die die Menschenwürde verletzen, es sei denn die Information ist von allgemeinem Interesse.

Art. 27 Journalisten lassen besondere Vorsicht hinsichtlich der Rechte von nicht medienvertrauten Personen, der Rechte schwacher Personen wie Minderjährigen oder Opfern von Gewalt, Unfällen, Attentaten usw. und ihrer Familien, walten. 

Art. 28 Journalisten erwähnen nur persönliche Merkmale, wenn diese relevant im Sinne des allgemeinen Interesses sind. Bei der Beschreibung dieser Merkmale verzichten sie auf Stereotypen, Verallgemeinerungen, Übertreibungen und Stigmatisierungen. Sie verbieten sich jede auch nur indirekte Anstiftung zur Diskriminierung, zum Rassismus und zur Fremdenfeindlichkeit.

Unabhängig von den jüngsten Nachrichten, die häufig die Existenz besonderer geschlechtsspezifischer Gewalt – wie die gegen Frauen, aber auch gegen Homosexuelle oder Transgender – sowie die daraus resultierenden Debatten und Mobilisierungen hervorgehoben haben, hielt es der RBJ für notwendig, die berufsethischen Fragen, die die journalistische Behandlung dieser strukturellen Gewalt aufwirft, zu erörtern, um Journalisten, Redaktionen und Medien einen Referenztext bereitzustellen, der die Behandlung dieser Themen vereinfachen soll. Ausgehend von mehreren im Kodex journalistischer Berufsethik verankerten Grundsätzen und von seiner ständigen Rechtsprechung in den letzten Jahren hat der Rat die bestehenden Regeln unter dem thematischen Aspekt der geschlechtsspezifischen Gewalt zusammengestellt und neu bewertet und schlägt eine sechs Punkte umfassende Empfehlung vor, die als Referenzinstrument für den Berufsstand dienen soll. Darin werden folgende Themen behandelt: das Prinzip der sozialen Verantwortung, die journalistische Behandlung von Gewalt an sich, die Schwierigkeit der medialen Behandlung von Opfern, die Bedeutung des verwendeten Vokabulars, die geschlechtsspezifische Diskriminierung und schließlich der Verweis auf einschlägige praktische Ratschläge für die Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen. Der RBJ beschloss darüber hinaus, diese Empfehlung regelmäßig zu prüfen, um sicherzustellen, dass sie relevant ist und umgesetzt wird.

AADJ & CDJ
Résidence Palace, bloc C
Rue de la Loi 155 bte 103
1040 Bruxelles

tél: 02/280.25.14

ABONNIEREN SIE UNSEREN NEWSLETTER