Der RBJ systematisiert die Identifizierung von Personen in den Medien
2. April 2015
Die wichtigste Neuerung des Jahres 2014 beim Rat für Berufsethos der Journalisten (RBJ), die am 2. April bekanntgegeben wurde, ist die Annahme einer Leitlinie für Journalisten über die Identifizierung von Personen in den Medien im Dezember. Für den RBJ sollte die Identifizierung einer natürlichen Person nur unter bestimmten Umständen erfolgen: wenn die Person zustimmt, wenn das allgemeine Interesse dies erfordert, wenn ihre Identität durch eine Behörde bekannt gegeben wird und wenn es sich um eine öffentliche Person in ihrer öffentlichen Funktion handelt. Besondere Aufmerksamkeit ist bei Minderjährigen geboten.
Diese Frage der Identifikation stellt sich schon seit langem. Sie bedingt wiederum andere Fragen wie den Respekt des Privatlebens und das Recht am eigenen Bild. Der RBJ wog alle Aspekte ab, bevor er diesen berufsethischen Standard in Kraft setzte. Er kann sich nun auf eine fünfjährige Rechtsprechung berufen, die im Rundschreiben des RBJ zusammengefasst ist, in dem die Leitlinie vorgestellt wird. Journalisten finden hier auch einige Orientierungspunkte für ihre Arbeit, z. B. darauf zu achten, dass die Angehörigen eines Opfers benachrichtigt wurden, bevor sein/ihr sein Name bekannt gegeben wird.
Zwei Drittel der Beschwerden sind begründet
Neben seiner normativen Rolle, die in der Weiterentwicklung der berufsethischen Bestimmungen besteht, befasst sich der RBJ auch mit Beschwerden über journalistische Inhalte oder Praktiken. Die Zahl der Beschwerden blieb 2014 gleich (53 Verfahren wurden eingeleitet, 54 waren es im Vorjahr), aber es zeichnet sich eine signifikante Entwicklung ab: die Zunahme der Zahl der begründeten Beschwerden. 67 % der Gutachten des RBJ im Jahr 2014 betrafen begründete Beschwerden, verglichen mit durchschnittlich 38 % in den Vorjahren. Die wichtigsten festgestellten Verstöße betrafen die Recherche und den Respekt der Wahrheit sowie Verletzungen der Rechte am eigenen Bild und auf Privatsphäre.
Dabei richten sich die Beschwerden am häufigsten gegen Tageszeitungen: 29 von 53 Fälle betreffen sie, das entspricht 55 % (+5 % im Vergleich zum Jahr 2013). An zweiter Stelle kommt das Fernsehen (17 %; -2 %) gefolgt von der Online-Presse (15 %; -4 %) und periodischen Printmedien (7 %; =).
Eine Institution, bei der Beratung vor Sanktionen steht
Im Jahr 2014 stand der Rat für Berufsethos der Journalisten den Medien stärker als je zuvor beratend zur Seite. Nach Aussage des Generalsekretärs des Rates handelte es sich um eine beträchtliche Anzahl an E-Mails bzw. Anrufen von Journalisten, Chefredakteuren, Verlagsleitern etc., die nach bewährten Praktiken für konkrete Situationen zu fragen. Der RBJ sieht in dieser Entwicklung den weit verbreiteten Wunsch der Medien, die berufsethischen Bestimmungen auch unter Konkurrenzbedingungen einzuhalten.
Dennoch wird regelmäßig die Frage nach der „Sanktionsbefugnis“ des RBJ gestellt. Der Rat ist eine moralische Instanz, die durch alle ihr angehörenden Medien dadurch gestärkt wird, dass sie sich verpflichten, ihrer Leser, Zuschauer, Hörer online über die Gutachten des RBJ zu Verstößen gegen die berufsethischen Bestimmungen zu informieren. Diese Verpflichtung ist am 27. März 2015 in Kraft getreten.
Aktuelle Themen
Der Rat für Berufsethos der Journalisten ist auch bestrebt, auf die Herausforderungen zu reagieren, die die aktuellen Ereignisse für die Medien mit sich bringen. Er hat gerade Stellung zu einer neuen Form der Werbung bezogen, die auf zahlreichen Medien-Websites eingeführt wurde: Native Advertising. Der RBJ hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es sich trotz des innovativen Charakters dieser Praxis um Werbung handelt. Die Einbettung in journalistische Inhalte ist aus berufsethischer Sicht nicht vertretbar. Zwei weitere Projekte sind derzeit in Bearbeitung. Dabei handelt es sich erstens um die Erarbeitung von Empfehlungen für die Redaktionen zur Berichterstattung in Notsituationen, wie bei den Anschlägen im Januar in Paris. Ein zweites Projekt betrifft die Anwendung der berufsethischen Bestimmungen auf die Berichterstattung über laufende Gerichtsverfahren.