RBJ: Online-Nachrichtenmedien im Zentrum der Beschwerden 2016
19. April 2017
1302 Beschwerdeführer, 129 Beschwerden, 76 eröffnete Verfahren, 39 Gutachten und 1 Empfehlung. 2016 erwies sich als außergewöhnliches Jahr für den Rat für Berufsethos der Journalisten, die Selbstregulierungsorganisation französisch- und deutschsprachiger belgischer Journalisten und Nachrichtenmedien. Gründe für diesen Anstieg sind der höhere Bekanntheitsgrad des Rates, Beschwerden in Form von Petitionen zu sozialen Fragen und ein stärkeres öffentliches Interesse für ethisches Verhalten in Online-Nachrichtenmedien.
2016 war für den RBJ ein Rekordjahr. 1302 Beschwerdeführer wandten sich an die Selbstregulierungsbehörde der Nachrichtenmedien, darunter 1008 in einem einzigen, von den Medien stark aufgegriffenen Fall im Hinblick auf einen Beitrag bei „Une“ über die Ankunft von Migranten an der belgischen Küste. Im Laufe des Jahres wurden insgesamt 129 Beschwerden registriert. Etwas mehr als ein Drittel dieser Beschwerden wurde als unzulässig bewertet. 76 Verfahren wurden eröffnet, fast 50 % mehr als im Durchschnitt der Vorjahre. Dieser Anstieg ist offensichtlich auf die größere Bekanntheit des Rates zurückzuführen, der nunmehr seit acht Jahren besteht. Dies wirkte sich spürbar auf die durch unsere Institution geleistete Arbeit aus. Der Rat erstellte 39 Gutachten, in den Vorjahren waren es durchschnittlich 30. 12 dieser Gutachten betrafen Verfahren aus dem Jahr 2015, die anderen 27 betrafen Verfahren aus dem Jahr 2016. Mit 51 % als begründet und 49 % als unbegründet bewerteten Beschwerden im Jahr 2016 setzt sich der Trend des Jahres 2015 fort. 29 der im Laufe des Jahres eröffneten Verfahren waren zum 31. Dezember 2016 noch anhängig.
Abgesehen von den Zahlen und Einzelfällen ergaben sich aus den im Jahr 2016 behandelten Verfahren zwei einhergehende Trends. Zum einen zeigte sich, dass die eingereichten und als begründet bewerteten Beschwerden zwar nach wie vor den im Kodex journalistischer Berufsethik verankerten Grundsatz der Recherche und dem Respekt der Wahrheit betrafen, im Jahr 2016 aber auch die Beschwerden über die Personenrechte zunahmen, insbesondere im Bereich der Rechte am eigenen Bild, auf Privatsphäre und… Stigmatisierung. Dieses letzte, im Jahr 2015 bereits stark vertretene Thema veranlasste den RBJ im Mai 2016, die Empfehlung über die Berichterstattung über ausländische Personen oder Personen ausländischer Herkunft anzunehmen. Denn, wie der Präsident des RBJ, Marc de Haan, bei der Eröffnung der Präsentation des Jahresberichts 2016 hervorhob, „verteidigt die Presse überall und immer die Meinungsfreiheit und übt ihre eigene dadurch aus, dass sie ihre soziale Verantwortung nie aus den Augen verliert“. Der durch einen Glossar ergänzte Text der Empfehlung erinnert an einige wesentliche Grundsätze: Nennung persönlicher Merkmale wie Herkunft oder Religion nur in Fällen, wo diese Informationen für das öffentliche Interesse relevant sind, Vermeidung negativer Verallgemeinerungen und Dramatisierungen, Darstellung der Vielfalt der Gesellschaft, Verwendung geeigneter Begriffe.
Ein weiteres Phänomen zeigte sich im Jahr 2016: Erstmals in der Geschichte des RBJ waren Online-Medien am häufigsten von den im Laufe des Jahres eingegangenen Beschwerden betroffen (33%). Interessanterweise richteten sich diese Beschwerden hauptsächlich gegen die Online-Ausgaben traditioneller Medien und seltener gegen neue Websites oder Nachrichtenblogs. Diese Tendenz ist ein deutliches Zeichen für einen Wandel in der Art und Weise des Medienkonsums. Sie verdeutlicht auch die ethischen Bedenken der Öffentlichkeit gegenüber diesen Medien: falsche Information, Richtigstellung, Quellenangabe, Verwendung von online veröffentlichten Bildern, Kommentare…. Die Fragen sind klassisch. Vor dem Hintergrund dieser neuen Ausprägungsform der Medien fordern sie zweifellos die Aufrechterhaltung traditioneller ethischer Reflexe und fordern vereinzelt eine Anpassung der Praktiken. Einige als zentral identifizierte Themen – wie die Richtigstellung oder neue Methoden zur Verwaltung von Kommentaren – werden daher Gegenstand spezifischer Arbeiten und Überlegungen im Rat im Jahr 2017 sein.
Ein Jahr 2017, das auch Gelegenheit bietet, den Weg für einen Übergang zu ebnen, da der RBJ seine Anerkennung für eine zweite Amtszeit erhalten und seine Arbeit in diesem Rahmen im Januar 2018 aufnehmen wird. In Kürze wird eine Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen für Vertreter der Zivilgesellschaft veröffentlicht.